Vogelgezwitscher in den Buchen, ein sanftes Rauschen der Blätter, Wildbäche plätschern, dazu warme Sonnenstrahlen auf der Haut. Wer sich in die Wälder und Seengebiete der Mark ganz im Norden Brandenburgs an der Grenze zu Mecklenburg-Vorpommern begibt, ist nicht auf der Suche nach tobender Ausflugslust. Ruhe vor der Welt da draußen, Kraft tanken, die Natur genießen – das steht hier im Vordergrund. Wir wollen abtauchen ins Naturschutzgebiet Ruppiner Schweiz – eine Tour mit viel Geschichte und am Schluss tatsächlich auch einem Tauchgang.
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Text: Jörg Krauthöfer / Fotos: Nicole Krauthöfer
Unser erstes Ziel ist die Boltenmühle zwischen Neuruppin und Rheinsberg. Die enge Straße endet nach vier Kilometern und etlichen Serpentinen in einer Sackgasse am nördlichen Ende des Tornowsees. Den romantischen Ort Boltenmühle gibt es schon seit fast 300 Jahren. Namensgeber Hans Joachim Bolten legte 1718 den Grundstein und baute sich die Mühle. Von Kronprinz Friedrich, später auch bekannt auch als Alter Fritz, ist der Satz überliefert:
„Wahrlich, wenn ich nicht Herr von Rheinsberg wäre, möchte ich Müller der Boltenmühle sein“
Alter Fritz
Gemahlen wird zwar schon seit Jahren nicht mehr. Zu DDR-Zeiten war die Boltenmühle ein beliebtes Ausflugslokal. Ganze Busladungen naturbegeisterter Ausflügler karrten die Reisebüros aus Berlin, Chemnitz und Rostock hierher. Hinter der Mühle nimmt ein zwei Kilometer langer Rundwanderweg seinen Anfang. Er führt vorbei an einem Moor, durch lichte Buchenwälder direkt zum Kalksee. Immer an der Seite des Wanderers verläuft der Binenbach. Tief hat er sich in den Boden eingeschnitten. Umgestürzte Bäume liegt kreuz und quer im Fluss, als hätten ein paar Riesen Mikado gespielt. Dazu kommt der grandiose Sound der Natur. Am Nordufer des glasklaren Kalksees liegt der kleine Ort Binenwalde. Aber nicht irgendwelche Bienen, wie man leicht vermuten könnte, haben den Ort seinen Namen verpasst. Eine schöne Förstertochter namens Sabine verdrehte dem Alten Fritz den Kopf. Vielleicht war es auch umgekehrt. Deutschlands Wanderdichter Theodor Fontane macht Sabine zur Legende.
Rundwanderung am Binenbach durch Buchenwälder
Glasklar liegt der Kalksee eingebettet in wunderschöner Umgebung und leuchtet in türkisem Licht. Das Ufer ist sandig und lädt zum Baden ein, alte Buchen bieten Schatten. An der tiefsten Stelle im See geht es rund 22 Meter nach unten. Natürlich: Ganz so ruhig wie bei unserem Besuch ist es in der Sommerzeit nicht. Viele Ausflügler, unter anderem aus Berlin, säumen dann vor allem an den Wochenenden die zahlreichen Buchten des 1,4 Kilometer langen Gewässers. Unter der Woche hat man hier seine Ruhe und kann dem Geschnatter der Wildgänse, Kraniche oder Haubentaucher zuhören.
Abtauchen in Rheinsberg
In Rheinsberg soll man auch gut abtauchen können. Nämlich in die Geschichte der Region. Das Schloss am Südufer des Grienericksees und sein prächtiger Park laden zum Flanieren ein. Friedrich der Große, so steht es in den Geschichtsbüchern, soll als Kronprinz hier sehr glücklich gewesen sein. Rheinsberg war seine Probierstube für innovative Gestaltungsideen, die in Schoss Sanssouci in Potsdam ihren krönenden Abschluss fanden. Schloss Rheinsberg war übrigens mal eine Wasserburg, bevor es im Jahr 1740 im Rokokostil umgebaut wurde. Der Graben rund um das historische Gebäude ist noch ein Überbleibsel aus jener Zeit. Heute kaum vorstellbar: Zu DDR Zeiten war hier eine Diabetes-Klink untergebracht. Zum Glück ist die Epoche vorbei und nach Jahren aufwendiger Restaurierung ist das Ensemble wieder zugänglich.
Gleich neben dem Schloss ist die Musikakademie Rheinsberg zu Hause. Das seit 30 Jahren stattfindende Opernfestival der Kammeroper hat sich einen Namen erarbeitet, der rund um den Globus bei Opernfans Begeisterungsstürme auslöst. Im Garten vor dem Schloss sitzen die Besucher und genießen den Blick eines Königs auf den See. Am anderen Ufer ragt der Obelisk von Rheinsberg empor, ein Heldendenkmal, das an die preußischen Helden des Siebenjährigen Krieges erinnert.
Auf nach Stechlin
Wir verlassen Rheinsberg und setzen unsere Reise in Richtung Stechlinsee fort. Auch wenn dieser nicht wirklich klarste der See Norddeutschlands ist, als der er gern bezeichnet wird – er ist rund 70 Meter tief. Wir sind auch nicht mehr zu zweit unterwegs. Unser Freund Jan Gutschmidt aus Norderstedt bei Hamburg hat sich zu uns gesellt und ist mehr als willkommen. Jan kann nämlich tauchen. Hat das von der Pike auf gelernt und steht uns ab sofort mit Rat und Tat zur Seite. Hier in der Nähe, im Roofensee, wollen wir nämlich jetzt abtauchen. So richtig mit Schnorchelmaske und Taucherflossen. Ein altes Schiffswrack im Roofensee hat unsere Neugier geweckt. Der Roofensee, im Örtchen Menz gelegen, zählt zu den klarsten Seen der Region. Motorboote sind hier verboten. Kein unnötiges Geräusch stört Natur und Tiere. Menz ist ein Beispiel dafür, was für schöne Ecken diese Region zu bieten hat. Die Badestelle am Südufer liegt idyllisch im Morgenlicht. Alte Bäume bieten Schutz vor der Sonne, das Wasser treibt leise und in türkis-blauen Wellen von Ost nach West.
Glasklares Wasser und ein versunkener Kahn
Am Ostufer gibt es einen Naturcampingplatz. Die Ferienhäuser im Walddorf an der westlichen Seite waren zu DDR-Zeiten nur Diplomaten zugänglich. Heute urlaubt hier die ganze Republik. Der gesunkene Kahn liegt an der nördlichsten Seenspitze und ist nur mit dem Boot erreichbar.
Wir pumpen am Naturbadstrand also unsere Kajaks auf und machen uns auf den Weg. Direkt von Bord geht es im Neoprenanzug ins zwölf Grad „warme“ Wasser. Die Sichtweite ist hervorragend. Allerdings sollte man beim Schnorcheln heftige Flossenbewegungen vermeiden. Die Wassertiefe beträgt etwa zwei Meter und der schlammige Boden wirbelt bei jeder Bewegung Sedimente auf. Dann endlich ist der Kopf unter Wasser.
Unter Wasser beginnt eine andere Welt
Die Welt ist plötzlich eine andere. Winzige Fische tanzen über dem mit Schlamm bedeckten Resten des alten Kahns. Welche Geschichte das Wrack hat, bleibt ein Geheimnis. Lautlos und schwerelos schnorcheln wir durch das feuchte Element. Von weitem ist ein Hecht am Schilfrand zu erkennen. Er zeigt seine Zähne, verschwindet genauso still, wie er gekommen ist und hinterlässt ein kribbeliges Gefühl im Magen. Zwei Stunden lang ist das kühle Nass unser Element.
Man kann von dieser Unterwasserwelt mit ihren Pflanzen und Fischen gar nicht genug bekommen. Zu Abschluss des Tauchgangs kreuzt noch eine Ringelnatter schwimmend den Rückweg zum Boot. Was für ein Erlebnis. Am späten Abend, längst sind Neoprenanzug, Badehose und Kajak wieder getrocknet, zeigt sich die Mark Brandenburg mit einem traumhaften Sonnenuntergang von ihrer schönsten Seite. Und wir sind uns sicher – wir kommen wieder.
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14. Januar 2022 at 18:02Pingback:
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16. Juli 2022 at 9:15