Tyssaer Wände und Himmelreich

Nur einen Steinwurf hinter der deutsch-tschechischen Grenze, zwischen Děčín und Teplice gelegen, ragen oberhalb des kleinen Ortes Tissa die Tyssaer Wände steil in den böhmischen Sandsteinhimmel. Die einzigartige Felsenlandschaft ist Teil des Landschaftsschutzgebietes Elbsandsteingebirge. Ein paar Millionen Jahre haben Witterung, Wasser und Erosion gebraucht, um aus dem kompakten Sandsteinmassiv eine bizarre Felslandschaft zu formen. Es entstand ein Labyrinth aus Türmen, Überhängen, Fenstern, Toren, Pilzen und Felsnadeln, die an eine Kleinstadt mit engen Gassen und kleinen Plätzen erinnert. Früher, so erzählt es die Sage, sollen hier böse Wichtel gehaust haben. Heute tönt fröhliches Lachen durch den Sandstein, denn längst hat sich das Naturjuwel bei den Touristen rumgesprochen, die an den Wochenenden in Scharen herbeiströmen.

Himmelreich und Tyssaer Wände

Die Wandertour ins Himmelreich und zu den Tyssaer Wänden beginnt im Ort Tissa. Am alten Friedhof und der Dorfkirche St. Anne entlang windet sich der rot markierte Wanderpfad bergauf zum Fuß der Felswände. Normalerweise zahlt man dort an der Kasse Eintritt. Als wir am Anfang Januar 2023 hier waren, hatte das Kassenhaus geschlossen. Gleich hinter der Kasse geht es links hinauf auf den ersten Aussichtspunkt und dann weiter auf dem markierten Rundwanderweg durch die Kleinen Tyssaer Wände, die voller Felsspalten, Höhlen, Fenster und Gänge sind. Und die auch Namen haben. Herr Doktor und der hagere Bürgermeister zum Beispiel. Der geköpfte Major ist wegen seiner Überhänge besonders bei den Kletterern beliebt. Dann gibt es da noch unter anderem die Schildkröte, den Frosch, einen Steinpilz und einen Adlerkopf.

Tyssaer Wände – Sagen und Märchen

Früher rankten sich um dieses Felsenlabyrinth viele geheimnisvolle Mythen und Sagen. Jeder, der sich freiwillig in diese unheimlichen Berge begab, wurde argwöhnisch betrachtet. Die Einheimischen glaubten, dass die Felsen angesichts ihrer pittoresken Formen ein Werk des Teufels seien. Besonders gerne wird die Sage von einem reichen französischen Adeligen erzählt. Der floh im Zeitalter der Französischen Revolution aus Frankreich und kam zufällig in Tissa vorbei. Im Gepäck hatte er den Familienschatz. Damit den Schatz keiner fand, vergrub er die Kostbarkeiten in den Tyssaer Wänden.

Als er später das Erbe wieder ausgraben wollte, fand er die Stelle in dem Felsenwirrwarr nicht wieder. Der Pechvogel suchte lange Jahre vergebens und wurde verrückt. Die Sage erzählt weiter, dass böse Wichtel den Schatz fanden und seitdem bewachen. Derjenige, der den Schatz suchen will, bekommt von den Wichteln  angeblich ein wahnmachendes Gewürz in die Hosentaschen gesteckt und findet nie wieder den Weg aus dem Felsenlabyrinth heraus.

Quelle: Openstreetmap

Nach dem Rundwanderweg durch die Kleinen Tyssaer Wände kommt man am Kassenhaus wieder raus. Direkt dahinter führt ein Weg durch eine enge Felsspalte in die Festung. Tatsächlich sieht es hier aus wie in einer mittelalterlichen Stadt. Ein Pflasterweg führt in durch. Überall hat die Erosion über die Jahrmillionen kleine Fenster, Öffnungen in den Sandstein gehauen. Fast könnte man denken, dass hier tatsächlich einmal Wichtel gehaust hätten und vielleicht noch heute hausen.

Der rot markierte Wanderweg führt bergauf zu den Großen Tyssaer Wänden und bietet am Ende des Aufstieges einen wunderschönen Blick über die mystische Felsenstadt. Bei gutem Wetter reicht die Sicht bis rüber ins Osterzgebirge und ins böhmische Mittelgebirge bei Ústí nad Labem.

Himmelreich und Tyssaer Wände
Das Himmelreich mit seinen bizarren felsformationen
Himmelreich und Tyssaer Wände
Blick vom Aussichtspunkt Vyhlídkové místo auf die Tyssaer Wände. Im Hintergrund ist der Hohe Schneeberg mit dem schrägstehenden Doggenturm zu sehen.
Himmelreich und Tyssaer Wände
Tissa mit der Kirche St. Anne ist der Ausgangsort für die Wanderung zu den Tyssaer Wänden.
Bis zu 30 meter ragen die Tyssaer Wände in den böhmischen Himmel.
Der Steinpilz

Eldorado für Filmemacher

Natürlich hat sich diese märchenhafte Gegend mit ihren Sagen und Legenden auch bei den Filmemachern herumgesprochen. Szenen des Monumentalfilms “Die Chroniken von Narnia” wurden in den Tyssaer Wänden gedreht. Genau hier traf die kleine Lucy Pevensie (Georgie Henley) den Faun Tumnus, gespielt von James McAvoy, der in einer Felsspalte sein geliebtes Zuhause hatte. In Tissa begann also das ganze Abenteuer der Geschwister Pevensie.

Noch ein letzter Tipp

Egal, von welchem Startpunkt man die Wanderung beginnt, auf fast jeder Route kommt man am Gasthaus Turistická chata Tisá vorbei. Die leckere böhmische Küche können wir wärmstens empfehlen. Der Germknödel in warmer Butter oder der Schweinebraten mit Sauerkraut sind ein wahrer Genuss. Es ist sehr preisgünstig, finden wir. Zwei Mahlzeiten mit Getränken für unter 18 Euro, das ist nicht schlecht.

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