Roadtrip auf dem Vildmarksvägen

Er ist 363 Kilometer lang und zählt zu den spektakulärsten Roadtrips in Skandinavien: der Vildmarksvägen. Er kreuzt von Strömsund in Jämtland nach Vilhelmina in Südlappland eine einzigartige Landschaft. Endloses Fjäll, reißende Wasserfälle und hohe Berge säumen das Asphaltband, über das jährlich viele tausende Camper in diese entlegene Ecke Schwedens reisen. Wer sich vom Massentourismus lösen will fährt im Spätsommer. Dann sind die Ferien vorbei, dann leuchtet die Tundra in warmen Farben und auch das Nordlicht läutet deutlich sichtbar die dunkle Jahreszeit ein. Im Spätsommer, da wird der Vildmarksvägen magisch.

Auf in den Norden – Roadtrip auf dem Vildmarksvägen

Die kleine Gemeinde Strömsund liegt an diesem Dienstag Ende August beschaulich in der Mittagssonne. Mitten im Stadtzentrum parken in einem kleinen Rondell einige Autos. Wir nutzen die Mittagsruhe, um im Supermarkt ein paar wichtige Lebensmittel aufzufüllen. Auf uns wartet schließlich die Wildnis Schwedens. Genauer gesagt ist es der Vildmarksvägen, eine rund 363 Kilometern lange Straße, die durch Nordjämtland bis in die Lapplandmetropole  Vilhelmina führt. Vier Tage haben wir für die Strecke eingeplant. Es soll Menschen geben, die haben diese Strecke an einem Tag zurückgelegt. Ob sie etwas von der Landschaft gesehen haben, ist aber nicht verbürgt.

Höhepunkt der Tour ist der Stekenjokk auf 876 Meter Höhe. Das ist ein Plateau von unbeschreiblicher Schönheit, Rauheit, Wildnis pur und es zieht uns bereits seit vielen Jahren magisch in den Bann. Wobei das mit der sogenannten Wildnis ein wenig übertrieben scheint. In der Hochsaison brummt der Weg. Dann tuckert eine endlose Kolonne dicker Wohnmobile den Loop gen Norden, auf dem Weg in Richtung Lappland , Nordkap oder Lofoten. Und längst sind es nicht nur Fahrzeuge mit ausländischen Kennzeichen. In den beiden vergangenen Corona-Sommern haben die Schweden ihr Land entdeckt und sich auf die Reise gemacht. 

Im gemächlichen Tempo durch einen wunderschöne Landschaft

An diesem Dienstag sind wir allein auf der Straße. Mitten in Strömsund, da wo sich Lövbergavägen und Strömsvägen zu einem Kreisverkehr vereinen, nimmt die Reise auf der Straße 342 ihren Anfang. Schnell verschwinden die letzten Häuser im Rückspiegel. Mit 60 bis 80 km/h schraubt sich unser alter Camper durch viele Kurven in Richtung Stekenjokk. Es geht vorbei an endlos erscheinenden Seen, auf denen die Sonnenstrahlen goldene Sterne tanzen lassen. Ein Lichtspiel am Himmel gibt es nicht. Er ist in einem wolkenlosen Blau gehüllt. Wir wollen uns Zeit lassen und erliegen bereits nach 37 Kilometern dem verlockenden Schild “Naturcamping Alanäs”. Der Platz befindet sich direkt neben der Straße am Flasjön, hat eine Toilette und einen kleinen Verkaufsstand mit einer Kasse des Vertrauens. Es gibt Marmelade vom Bauernhof nebenan.

Stellplatz Alanäs Koordinaten – Kostenloser Stellplatz am See
Gubbhögens Naturcamping Koordinaten – Kostenloser Stellplatz (über eine Spende freuen sich die Betreiber)

Aus der kurzen geplanten Rast wird das erste Etappenziel. Die Sonne scheint schön warm und das sollte man Ende August in den nördlichen Gefilden tunlichst für ein ausgiebiges Sonnenbad nutzen. Später gesellen sich mit Tom Flemming und Andreas Hülsemann zwei Motorradjournalisten zu uns, die ,mit Bike, Zelt und Fotoapparat bewaffnet, den Vildmarksvägen beruflich erkunden wollen. Mit den Beiden kommen wir schnell ins Gespräch. Kein Wunder, wenn Fotografen und Journalisten sich treffen. Da gehen die Gesprächsthemen nicht aus. Und wir werden sie jeden Abend an den Stellplätzen wiedersehen. Unser erster Abend auf dem Vildmarksvägen geht mit einem grandiosen Sonnenuntergang, netten Geschichten und einer guten Flasche Bier zu Ende.

Wasserfall Hällingsåfallet – Der tosende Canyon in Jämtland

Der Wasserfall Koordinaten ist ein absolutes Muss auf dem Roadtrip Vildmarksvägen in Richtung Vilhelmina. Von Gäddede führt eine 30 Kilometer lange Schotterpiste direkt zum Fall. Wer sein Fahrzeug mal richtig schmutzig machen möchte, sollte diese Straße unbedingt befahren. Vom großen Wanderparkplatz, an dem man auch für eine Nacht stehen darf, führt ein kurzer Pfad direkt zum Naturspektakel. Die Wasser des Hällingsåfallet rauschen mit einem ohrenbetäubenden Lärm senkrecht beeindruckende 43 Meter in die Tiefe und dann in einen 800 Meter langen Canyon. Aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit wachsen in dem Naturreservat an den bis zu 60 Meter hohen Steinwänden zahlreiche seltene Pflanzen.

Roadtrip auf dem Vildmarksvägen – Die Korallengrotte von Ankarvattnet

Direkt an der Straße 342, wenige Kilometer hinter der Ortschaft Blåsjön, weist ein kleines Schild am Wegesrand auf eine Sehenswürdigkeit hin, nämlich die Korallgrotte von Ankarvattnet. Zu Fuß geht es über Holzplanken und morastischem Untergrund zwei Kilometer durch Naturschutzgebiet zu einem großen Loch im Erdboden. Das Laufen auf den Holzbohlen ist nicht einfach. Die Wanderung von einer Stunde auf dem schmalen Steg ist unglaublich anstrengend. Das vorsichtige Gehen, um nicht auszurutschen, das ständige nach unten Starren, um nicht neben den Steg zu treten und trotzdem noch die Landschaft zu genießen, erfordern Konzentration. Die Mühe ist es aber wert. Ein Rauschen im Wald, welches immer lauter wird, kündigt den Wasserfall an, der die Höhle mit dem flüssigen Nass versorgt. Über eine Holztreppe geht es hinunter zum Eingang der Korallgrotte. Es gibt geführte Touren tief in den Felsen hinein. Wir belassen es voller Respekt bei einem kleinen Fotoshooting an der Oberfläche.

Die Korallenhöhle wurde 1985 entdeckt und bisher wurden mehr als sechs Kilometer Gänge und Hallen erkundet, was sie zur längsten Höhle Schwedens macht. Wer eine Tour in die Tiefe buchen will, sollte sich diese Webseite anschauen.

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Roadtrip auf dem Vildmarksvägen – Endlich auf dem Dach von Schweden

Je höher sich der  Vildmarksvägen ins schwedische Fjäll schraubt, umso kleiner werden die Bäume, bis sie irgendwann ganz verschwinden. Wir haben die Baumgrenze erreicht. Ab hier ist man dem schwedischen Wetter bedingungslos ausgeliefert. Nichts schützt Sommer wie Winter vor den rauen Bedingungen des Stekenjokk-Plateaus. Auf der Beifahrerseite wächst mit jedem gefahrenen Höhenmeter der Sipmeke heran. Ein Steinhaufen, etwas über 1000 Meter hoch. Ein Wahrzeichen der hier lebenden Sami, der Ureinwohner Lapplands. Der Gipfel des Sipmektinden steht bei uns noch auf der Liste. Er ist nur leider nicht so einfach zu erreichen.

Die reißenden Wasser des Fluss Gaavesjohke sind ein ernstzunehmendes Hindernis auf dem Weg dahin. Der Blick öffnet sich plötzlich. Wir haben den alten Zementbunker auf dem Stekenjokk erreicht. Er markiert mit seinem roten Kreuz einen Versorgungspunkt. Der höchste Punkt des Passes ist von hier aus noch gut einen Kilometer entfernt. Die Sich über das Tal in die Berge am Horizont ist atemberaubend, vor allem, wenn sich die Dämmerung über den Tag legt. Es ist unser Lieblingsplatz auf der ganzen Tour. Noch lange sitzen wir vor unserem Camper und können uns an der grandiosen Kulisse nicht satt sehen. 

Von Anfang Juni bis Mitte Juli darf man am Stekenjokk nicht ins Fjäll gehen.
Schonzeit. Dann brüten hier die Vögel und auch die Rentierkälber staksen unerfahren durchs Terrain
und sollen nicht durch unerfahrene Großstädter von ihren Müttern getrennt werden. Das wird auch überwacht.

Nachts auf dem Stekenjokk – die Magie des Lichtes

Wer sich im Spätsommer auf eine Reise in den hohen Norden begibt, hat stets ein wachsames Auge auf das Display seines Handys. Zumindest bei uns ist das so, denn dort leuchtet sofort eine Meldung auf, wenn sich etwas tut am Firmament. Wir sprechen vom Nordlicht. Ende August beginnt die Saison, dann wird es weit vor Mitternacht dunkel und die magischen Lichter tanzen wieder sichtbar über den Horizont. Mittlerweile geht es auf Mitternacht zu und wir sitzen bibbernd vor unserem Wohnmobil. Das Thermometer zeigt knapp über null und die Nachbarn weiter unten auf dem Stellplatz haben sich mit einem Schulterzucken ins Bett verabschiedet. “Nordlicht um diese Jahreszeit hier? Gibt es nicht”, war der letzte Kommentar, eh sich die Türen schlossen.

Sie sollten falsch liegen. Handys haben nämlich immer recht. Und kurz vor Mitternacht eröffnen die ersten Polarlichter der Saison über dem Stekenjokk an der Grenze vom Jämtland zu Lappland ihren magischen Tanz. Zuerst nur als grüner Schein über den Bergen. Dann fallen die Sonnenwinde nach unten. Die Müdigkeit ist weg, die Kälte auch. Wer Nordlichter gesehen hat, weiß, wovon wir hier reden.

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Der Norgefahrergarden in Klimpfjäll

Der Norgefahrergarden in Klimpfjäll ist ein kleines Heimatmuseum und Sommercafé. Früher trafen sich hier die Reisenden mit ihren Postkutschen, um sich für die Überquerung des Stekenjokk-Pass zu rüsten. Man fuhr nach Norwegen zum Handeln oder Einkaufen, deswegen auch der eigentümliche Name des Hofes.  Klimpfjäll hatte früher eine viel größere Bedeutung als heute. Das war zu der Zeit, als die Erzgrube in Stekenjokk in Betrieb war. Sie wurde 1989 abgewickelt. Seitdem lebt man in Klimpfjäll vor allem vom Tourismus. Im Winter ist es hier brechend voll. Sommergäste dagegen sind ehr rar gesät. Auf dem Weg, den die Handel treibenden Bauern mit Pferd und Schlitten zurücklegten, kann man heute wandern. Er führt hinüber nach Norwegen ins Susendalen. Der Wanderweg heißt Norgefararleden.

Der Norgefahrergarden hat sogar eine eigene Facebookseite

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Roadtrip auf dem Vildmarksvägen – Fatmomakke, das Tor zum Marsfjäll

Fatmomakke liegt am nördlichen Teil des Vildmarksvägen in der Provinz Lappland. Ein paar Kilometer hinter Klimpfjäll  geht es ab ins Gebirge. Ab hier wird es staubig. Eine Schotterpiste führt rund acht Kilometer in die Berge und endet dann an einem wunderschönen und idyllischen Fleckchen Erde. “Platz, wo man sich umarmt”, so wird Fatmomakke übersetzt. Die kleine Kirchstadt gibt es schon seit einigen Jahrhunderten. Um eine Kirche von 1886 herum, stehen zahlreiche samische Koten und Holzhäuser. Hier traf und trifft man sich zu Gottesdiensten. Der Platz diente vor allem den samischen Rentierzüchtern als Treffpunkt. Sie hatten ihre Tiere im Sommer auf dem Kalfjäll, also den unbewaldeten Hochebenen dieser Gegend.  

In Fatmomakke kann man hervorragend übernachten. Es gibt einen kleinen Naturcampingplatz und einen Wohnmobilstellplatz mit 25 Plätzen. Für 100 Kronen die Nacht darf man hier campen. 
Der Eintritt in die historische Kirchstadt ist fei

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Bereits vor der ersten Besiedlung des Ortes durch Schweden im Rahmen der Kolonisierung Lapplands war der Platz ein Treffpunkt der Samen. Im Jahr 1781 entstand schließlich eine erste Kapelle am Ort; die dort abgehaltenen Kirchenfeste wurden zuerst nur von Samen besucht. Ab 1820 besiedelten schließlich auch Nicht-Samen den Ort und wurden sesshaft, es entwickelte sich ein reger Kulturaustausch zwischen Siedlern und Samen. 1881 wurde die inzwischen zu klein und unmodern gewordene Kirche durch eine neue ersetzt. Fatmomakke ist aber nicht nur ein Museum. Auch heute noch findet hier ein reges kulturelles Leben statt.

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Ab in das Marsfjäll

Blickt man am Kirchendorf Fatmomakke vorbei, sieht man am Ende des Tals die markanten Bergspitzen vom Marsfjäll. Diese Bergkette ist ein Naturreservat. Der höchste Gipfel erreicht eine für diese Gegend recht ungewöhnliche Höhe von 1.589 m. Wer hier wandert, erlebt Einsamkeit. Und eine unglaubliche Freiheit.

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Trappstegforsen

Der Trappstegforsen

Wasserfälle gibt es viele entlang des Vildmarksvägen. Der Trappstegsforsen zählt zu den schönsten und bekanntesten auf der Route. Er liegt 5 km südlich von Saxnäs direkt an der Straße und ist ein treppenförmiger Wasserfall, bei dem das Wasser des Kultsjön in beeindruckenden Kaskaden herabstürzt. Hier gibt es ein Café, das im Sommer und Frühherbst geöffnet ist. Der Trappstegforsen ist einer der meistfotografierten Wasserfälle Schwedens. 

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Der kleine Sagenweg in Skansholm

Bevor wir den Vildmarksvägen verlassen, halten wir an einem kleinen Märchenpfad in Malgovik an. Eine nackte Gestalt sitzt mitten im Fluß, spielt auf einem Instrument und lädt zu einem neugierigen Spaziergang durch einen Wald ein.  Ein kleiner Weg führt durch das Unterholz und an den Bäumen hängen schöne Gemälde mit aufgeschriebenen Märchen und zu jedem Märchen gibt es eine Illustration. Nicht nur für Kinder ein Heidenspaß.

Zum Abschied: Nordlicht in Vilhelmina

Vilhelmina liegt ganz im Süden der schwedischen Provinz Lappland. Wer hier große Einkaufszentren vermutet, liegt falsch. Der Ort strahlt eine wunderbare Gemütlichkeit aus. Es gibt zwei Tankstellen, zwei große Lebensmittelgeschäfte. Hier mündet der Vildmarksvägen in die wichtigste Straße des Landes. Die E 45 ist bekannt auch als Inlandsvägen. Vilhelmina hat auch einen Haltepunkt an der Inlandsbanan. Seit 1918 gibt es die Bahnverbindung ins ferne Östersund. Mit Glück sieht man einen der roten Dieselzüge durch das lappländische Moor düsen.

Und: Vilhelmina hat einen schönen Campingplatz. Hier endet die Reise über den Vildmarksvägen. 363 spannende Kilometer liegen hinter uns. Zur Belohnung schenkt uns der nordische Himmel an diesem späten Septemberabend noch einmal ein kleines Lichtspektakel. Hallo, Nordlicht, hallo schönes Lappland. Danke Schweden für diesen wunderbaren Roadtrip.

Aurora Borealis über dem Baksjön bei Vilhelmina. Das ist Schweden. Das ist der Norden.
Übernachten in Vilhelmina: Campingplatz Saiva Camp: Ab 250 Kronen pro Wohnmobil/Camper inklusive Dusche/Entsorgung und Versorgung.
Es gibt Waschmaschine und Trockner (40 Kronen)
15 Minuten bis ins Zentrum.

Tipps für den Urlaub in Jämtland gibt es hier – Jämtland und Härjedalen

Tipps für den Urlaub in Lappland gibt es hier – Lappland

Der Vildmarksvägen – Zu Gast in Südlappland

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