Um rechtzeitig zum Gottesdienst zu kommen, bauten Bauern einst im dünn besiedelten Norden Schwedens einfache Hütten zum Übernachten. In Gammelstad Kyrkstad, der größten erhaltenen Kirchstadt Skandinaviens, werden diese alten Bräuche auch in modernen Zeiten lebendig gehalten. Das ehemalige Zentrum der Ostsee-Hafenstadt Luleå erfreut sich heute großer Beliebtheit.

Von der Europastraße 10 sind es nur ein paar Kilometer, nachdem man Luleå passiert hat, bis zur historischen Kirchstadt Gammelstad. Vor dem Ortseingang gibt es einen großen Parkplatz. Dahinter reihen sich wie auf Perlenketten die kleinen roten Holzhäuser aneinander. Eng ist es in den Gassen. 400 dieser einfachen Hütten (kyrkstugor)stehen hier um die steinerne Kirche auf dem Hügel verstreut. Ruhig ist es. Gammelstad ist keine Ferienhaussiedlung und auch kein typischer Wohnort. Trotzdem wirken die Häuser nicht verlassen. Schmucke Gardinen hängen an den Fenstern und laden zu einem heimlichen Blick ins Wohnzimmer ein. Tatsächlich lebt keiner der Eigentümer im historischen Zentrum der nordschwedischen Stadt Luleå.
Kirchstadt als Treffpunkt
Norrbotten ist ein weitläufiges Gebiet, in dem viele Bauern früher fernab von städtischen Zentren lebten. Um den sonntäglichen Gottesdienst pünktlich zu erreichen und keine traditionellen Kirchenfeiern zu verpassen, entstand die Idee, einfache Hütten zu errichten. Damals waren diese Häuser ohne Strom und fließendes Wasser, doch heute sind einige dieser modernen Annehmlichkeiten integriert. Die Menschen kamen am Wochenende oder zu bestimmten Feiertagen in die Kirchstadt, die somit zum Treffpunkt der gesamten Kirchengemeinde wurde. Am Sonntagabend kehrten sie dann wieder zurück auf ihre Höfe. Gammelstad diente also einzig dem Zweck, rechtzeitig zum sonntäglichen Gottesdienst in der Kirche zu sein. Diese Tradition hat sich bis heute bewahrt.

Der Name Gammelstad kommt von der schwedischen Bezeichnung für „alte Stadt.“ Diesen Namen erhielt der Ort, nachdem die 1621 gegründete Hafenstadt Luleå versandet war und zehn Kilometer weiter neu aufgebaut werden musste. Die alte Siedlung mit der Kirche hieß ab sofort Gammelstad. Die Kirchsiedlung steht übrigens seit 1996 auf der UNESCO-Weltkulturerbeliste.
Die Kirche von Gammelstad

Die Kirche von Gammelstad, auch bekannt als Nederluleå Kyrka, steht seit über 500 Jahren im Zentrum des Kirchendorfs und wurde 1492 eingeweiht. Sie ist eine der größten mittelalterlichen Kirchengebäude in der schwedischen Region Norrland. Das Gotteshaus besteht aus einem Hauptgebäude aus Feldstein und einem separaten, weiß getünchten Glockenturm. Zwei gut erhaltene, überdachte Eingangsportale ermöglichen den Zugang zum Friedhof.

Das Kirchenschiff der Nederluleå Kyrka in Gammelstad ist reich verziert mit mittelalterlichen Fresken, die von Schülern des renommierten schwedischen Malers Albertus Pictor geschaffen wurden. Der Altar aus dem 16. Jahrhundert ist mit holzgeschnitzten Figuren geschmückt, die Szenen aus der Passion Christi darstellen. Die gut erhaltenen mittelalterlichen Bänke, die geschnitzte Kanzel von Nils Jacobsson Fluur und die beeindruckende Orgel mit 4.200 Pfeifen sind weitere Highlights dieser historischen Kirche.

Das Freilichtmuseum Hägnan
Unterhalb von Gammelstad liegt ein weiteres Besucherhighlight in Luleå: das Freilichtmuseum Hägnan. Über dem Gelände liegt eine Art „Michel aus Lönneberga“-Charme. Die typischen Schwedenhäuser aus dem 19. Jahrhundert können besucht und bestaunt werden und zeigen, wie die Menschen früher hier in der Region gelebt und gearbeitet haben. Es gibt ein paar Tiere zum Streicheln und viel schwedische Natur zu entdecken. Der Eintritt ist übrigens frei, außer zu Veranstaltungen wie dem Mittsommerfest. Es gibt auch keine festen Öffnungszeiten. Selbst zur blauen Stunde können sich Besucher zu einem Spaziergang durch das Areal aufmachen.






