Es gibt Berge, auf die man einfach rauf muss. Ob zu Fuß, mit der Seilbahn oder dem Rad, ist egal. Hauptsache, man kann oben auf dem Gipfel stehen und in die Ferne sehen. Die Schneekoppe ist so ein Berg. 1603,2 Meter hoch, die höchste Erhebung im Riesengebirge. Ein magischer Sehnsuchtsort. Vielleicht, weil sie sich mitten aus einem riesigen Gebirge in den Himmel streckt und somit eine unglaubliche Anziehungskraft auf Abenteurer wie uns ausübt. Vielleicht auch wegen der unzähligen Sagen über Rübezahl, den Herrn dieser Berge, die wie ein Magnet wirken. Oder vielleicht deshalb, weil bei klarer Sicht dieser kahle Hügel an der polnisch-tschechischen Grenze von weitem sichtbar ist und uns zu rufen scheint. Wir haben diesen Ruf der Schneekoppe vernommen und uns auf den Weg zum Gipfel gemacht.
Architektonisches Durcheinander
Die Sankt-Laurentius-Kapelle (links) ist das älteste Gebäude auf dem Berg. Im 17. Jahrhundert erbaut sollen hier Mönche angeblich Reichtümer der Kirche verschenkt haben. Jeder, der jetzt dieses ehrwürdige Gotteshaus betritt, wird dafür mit Glück überschüttet. Rechts steht das Meisterwerk der Architekten Witold Lipiński und Waldemar Wawrzyniak aus Breslau. Die polnische Bergbaude hat die Form von „Fliegenden Untertassen“. Es stammt aus dem Jahr 1974 und wirkt heute wie aus der Zeit gefallen. Den vielen Touristen (es sind mehr als zwei Millionen Besucher im Jahr) scheint das egal. Es wird fotografiert, was die Speicherkarte hergibt.
Kleider machen Leute
An alte Zeiten scheint der Besucher in der Bildmitte zu erinnern. Als es noch keine hochmodernen Wanderausrüstungsutensilien für den modernen Menschen gab. Als Sonnenhut, weißes Hemd, Jackett und Lackschuhe für eine zünftige Bergtour ausreichen mussten. Historisch betrachtet könnte das Wanderoutfit realistisch sein. Im Jahr 1800 bestiegen Friedrich Willhelm III. und seine Gattin Luise von Mecklenburg-Strelitz die Schneekoppe. Wenige Zeit später trug sich der spätere US-Präsident John Quincy Adams ins Gipfelbuch ein.
Deswegen sind wir hier – der Blick in die Ferne
Das nur 36 km lange Riesengebirge ist der bekannteste Teil der Sudeten und bildet eine natürliche Grenze zwischen Schlesien und Böhmen. Nur knapp ein Drittel des Gebirgszuges liegt auf der polnischen Seite, der übrige Teil gehört zu Tschechien. Der Blick geht bei dem Bild oben in Richtung Osten. Ganz am Horizont sind die Ausläufer des legendären Eulengebirges schemenhaft zu erkennen.
Tiefblick
Was für ein beeindruckendes Panorama! Der Blick geht tief hinunter in den Gletscherkessel vom Riesengrund. So nennt man den oberen Talabschnitt des Flusses Úpa (Aupa), einem Nebenarm der Elbe. Rechts fallen die Flanken des Brunnenberges (1555 m) hinab.
Auf dem Dach
Wir blicken vom Gipfel der Schneekoppe auf die Hochebene mit dem Namen „Weiße Wiese“, auch „Silberkamm“ genannt. Hier oben ist man als Wanderer dem Himmel ganz nah. Der Bergrücken ist die Wasserscheide zwischen Nordsee und Ostsee. Im Südwesten fließen die Wasserläufe der Elbe zu und machen sich damit auf den langen Weg in Richtung Hamburg. In nördlicher Richtung wandert das Wasser in die Oder. Das markante Gebäude links ist das Hotel Wiesenbaude (Luční Bouda). Ganz hinten links im Dunst sieht man schemenhaft den Jeschken, den Hausberg der Stadt Liberec in Nordböhmen.
Schneekoppe – Sehnsuchtsort Tschechiens
Volles Urlaubsparadies
Blick auf die große Hotelanlage vom Ressort Gołębiewski Karpacz direkt am Fuß der Schnekoppe. Im Hintergrund sieht man den Stausee „Zbiornik Sosnówka“.
Einfach wunderschön!
Einsam ist man auf dem Weg zum Gipfel der Schneekoppe selten. Mehr als zwei Millionen Besucher pilgern jährlich ins Riesengebirge. Vor allem an den Feiertagen und in den Ferien ist man als Gipfelstürmer oft gefangen in den gefühlt endlosen Trekks auf dem Weg nach oben. Wenn man aber dann tatsächlich den Wanderweg mal ganz alleine für sich haben sollte, dann sollte man sich hinsetzen und den Berg mit seiner Schönheit und Natur auf sich wirken lassen. Dann nämlich hört man den Wind durch die Latschenkiefer pfeifen, den Waldkautz rufen. Womöglich wandert gerade auch Rübezahl, der Herr des Gebirges, durch den lichtdurchfluteten Wald und erzählt Sagen aus längst vergangenen Zeiten. Dann wird das Riesengebirge zum magischen Sehnsuchtsort.