Die alte Straßenbahn, die vom S-Bahnhof Rahnsdorf bis zur Woltersdorfer Schleuse tuckert, bewegt sich bereits seit mehr als 100 Jahren. Alle 10 Minuten fährt sie am Wochenende die 5,6 Kilometer lange eingleisige Strecke. Und passiert auf ihrer 16-minütigen Fahrt durch einen wunderschönen märkischen Herbstwald Haltestellen mit so wohlklingende Namen wie Waldweiche, Lerchenstraße oder Blumenstraße. Wer sie bei einer Mitfahrt oder auch am Wegesrand erlebt, fühlt sich in die Vergangenheit versetzt. Doch nicht nur Fahrgäste lieben den nostalgischen Flair. Auch bei Fotografen steht die elektrische Bimmelbahn hoch im Kurs.
Anfang des 20. Jahrhunderts fanden immer mehr Brandenburger Arbeit in der aufstrebenden Großstadt Berlin. Umgekehrt interessierten sich die Berliner plötzlich für die Idylle an ihrer Stadtgrenze. Sie pilgerten an den Wochenenden in die Umgebung. Also beschloss 1911 ein in die Zukunft denkender Stadtrat von Woltersdorf den Bau der eingleisigen elektrifizierten Strecke. Ein absolutes Erfolgsmodel. Denn auch die Filmindustrie nutzte die Straßenbahn und karrte Statisten, Schauspieler und Journalisten nach Woltersdorf an die Außendrehorte von “Das indische Grabmal”, “Die Spinnen” von Fritz Lang oder “Der Tiger von Eschnapur”. Wer sich für diesen Teil der deutschen Filmgeschichte interessiert, wird in einer Dauerausstellung am Aussichtsturm am Kranichsberg bestimmt fündig. Die Drehorte der Monumentalfilme haben die Wirren der Zeit nicht überstanden. Die nostalgische Bimmelbahn aber fährt ununterbrochen durch die Epochen und zaubert auch im Jahr 2021 dem einen oder anderen Fahrgast ein verzücktes Lächeln ins Gesicht.