Wenn bei uns die Sehnsucht nach den Bergen um sich greift und die Lust auf ein kleines Abenteuer mal wieder Überhand nimmt, dann setzen wir uns ins Auto oder in den Zug und fahren los. Wie gut, dass die alte Heimat nicht fern ist und damit auch die Sehnsuchtsorte, zu denen es uns immer wieder einmal hinzieht. Im vergangenen Herbst trieb es uns spontan mal wieder in den sächsischen Sandstein. Genauer gesagt zum zweitgrößten Felsentor der Region, dem Kuhstall. Für uns einer der schönsten Orte im Elbsandsteingebirge. Die Aussicht über die Hintere Sächsische Schweiz ist atemberaubend. Der Kuhstall ist ein guter Ausgangsort für kleine und auch größere Rundwanderungen. Zu einer dieser Touren nehmen wir euch hier gerne mit.
Bahnromantik an der Kirnitzsch
Das heimliche Wahrzeichen des Kirnitzschtals vernimmt man bereits von Weitem, denn das Quietschen, Rattern und Kreischen der alten Straßenbahnwagen vom Typ „Gotha“ ist nicht zu überhören. Knallgelb rauschten die historischen Triebwagen (in Berlin sind auch noch einige der alten Züge unterwegs) durch das liebliche Tal, immer entlang am gleichnamigen Fluss bis zur Endstation am Lichtenhainer Wasserfall. Dort beginnt nämlich auch die Tour zum Kuhstall, dem zweitgrößten Felsentor im Gebiet der Sächsischen und Böhmischen Schweiz. Übertroffen wird es nur vom Prebischtor auf der anderen Seite der Landesgrenze.
Das Wanderabenteuer beginnt hinter der Endhaltestelle der Straßenbahn am Lichtenhainer Wasserfall. Direkt neben dem Gasthof und den Andenkenläden rauscht der ehemalige Dorfbach über ein paar Felsen ins Tal und weiter in die Kirnitzsch. Zumindest rauscht das, was vom Wasserfall übriggeblieben ist. Starkregen im Juli 2021 hatte das künstliche Wehr nämlich komplett zerstört. Da, wo früher zu klassischer Musik das kühle Nass aller halben Stunde die Touristen wässerte, tropft es jetzt langsam nach unten. Der Wasserfall soll aber wieder repariert werden. Wenn mal Geld da sein sollte.
Zu Fuß geht es zuerst über eine historische Steinbrücke, dann schlängelt sich der Pfad einige Meter am Fluss entlang Richtung Osten und windet sich anschließend nach oben in den Wald. 30 Minuten dauert der Aufstieg in Richtung Kuhstall und zur gleichnamigen Bergwirtschaft. Es geht steil bergauf, vorbei an der Felsformation Glocke und Glöckner. Später liegt auf der rechten Seite der Münzstein. Ein paar hundert Meter weiter biegen wir auf die Alte Kuhstallstraße zum Aussichtspunkt Kuhstall ab.
Kuhstall und Himmelsleiter
Das Felsentor hat gigantische Ausmaße. Elf Meter ist es hoch. 17 Meter Breite mißt das Loch im Sandstein. Über die Herkunft des Namens diskutieren die Gelehrten. Zwei Möglichkeiten stehen zur Auswahl. Zum einen sollen hier oben die Bewohner der umliegenden Ortschaften im Dreißigjährigen Krieg (1618 bis 1648) ihr Hab und Gut sowie ihre Rindviecher vor den marodierenden Truppen des schwedischen Königs versteckt haben. Andere Zungen behaupten, dass die Bewohner der mittelalterlichen Burg, die früher über dem Kuhstall lag, in dem Sandsteinverschlag ihr Beutegut versteckt hielten, welches sie bei den Raubzügen ergaunerten. Die Aussicht von der Besucherplattform auf die Hintere Sächsische Schweiz ist jedenfalls mehr als beeindruckend.
Links vorbei am Aussichtspunkt Kuhstall führt ein Weg zu einem verwunschen Ort. Ein kleines Schild zeigt den Weg zur Himmelsleiter. Man muss sich jetzt erst durch einen engen Spalt im Sandstein zwängen. Dann geht es über eine schmale Treppe, ohne Geländer rechts und links, einen Kamin steil nach oben zu den Resten der ehemaligen Burg Wildenstein. Der schmale Pfad ist zu Beginn nichts für Menschen mit schwachen Nerven. Aber nach ein paar Höhenmetern ist alles nur noch halb so schlimm. Schließlich wartet oben auf dem Gipfel ein herrlicher 180-Grad-Blick auf den Nationalpark mit seinen markanten Sandsteinformationen.
Über den Fremdenweg und die Affensteinpromenade zur Idagrotte
Wir steigen wieder ab ins Tal. Durch den sogenannten Südaufstieg gelangt man nämlich zum Fremdenweg. Und der führt den Wanderer einmal quer durch den herrlichen Laubwald in Richtung Kleiner Winterberg. Der Wanderweg kreuzt dabei die Zeughausstraße und später den Königsweg, bevor er sich steil nach oben in die Affensteine schlägt. Dieser Anstieg ist nicht zu unterschätzen. Es geht direkt in die Kernzone des Nationalparks hinein. Nicht immer ist dieser Weg auch für die Öffentlichkeit freigegeben. Achtet auf Hinweisschilder am Wegesrand. Nach dem letzten schlimmen Sturm zum Beispiel hatten umgestürzte Bäume monatelang die Obere Affensteinpromenade versperrt.
Die Idagrotte
Der Zugang zur Idagrotte am Fuß des Friensteins ist nichts für schwache Nerven. Das liegt nicht an der coolen Aussicht über das Tal bis rüber zum Kuhstall oder in Richtung Großer Winterberg. Um diese einzigartige Klufthöhle aus Sandstein richtig genießen zu können, muss man sich nämlich direkt am Abgrund vorbeischlängeln. Der Weg ist an der entscheidenden Stelle nur einen knappen Meter breit. Auf der einen Seite ist der Fels, auf der anderen geht es steil runter ins Tal. Die Aussicht und die Einzigartigkeit dieses Platzes lohnen den kurzen Schweißausbruch allemal. Die Reste der Burgwarte auf dem Frienstein sind längst verwittert. Wenn, hätte man sie eh nur als geübter Kletterer sehen können. Für Wanderer ist der Felsen nicht begehbar. Dafür kann man in der Idagrotte noch Spuren der mittelalterlichen Nutzung begutachten.
Erinnerungen an alte Zeiten
Irgendwann geht es auch wieder Bergab
Wir verlassen die Idagrotte und laufen die Obere Affensteinpromenade weiter Richtung Westen, passieren eine kleine überdachte Quelle, ehe es wenig später an der Kreuzung zum Satanskopf steil nach unten Richtung Könisgweg geht. Der Abstieg ist nichts für schwache Nerven. Vor allem, wenn Fels und Erde durch Feuchtigkeit glatt sind, verwandelt sich der Klettersteig in eine kleine Rutschpartie. Wer noch bei Kräften und in bester Wanderlaune ist, besucht vor dem Abstieg ins Tal noch die Höhle am Satanskopf. Die ist zwar nicht so beeindruckend wie die Idagrotte, hat aber Geschichte geschrieben. Sie wurde nämlich während der Nazi-Diktatur acht Wochen lang von Widerständlern genutzt, um heimlich Flugblätter herzustellen.
Da war was mit den Namen
Warum nennt man die Affensteine eigentlich Affensteine? In Variante eins steht ein junger Adliger im Vordergrund, der im Vorderen Raubschloss eingesperrt war. Der besaß angeblich einen zahmen Affen. Der Diener des Adligen band dem Affen ein Seil um den Körper und ließ ihn nachts den steilen Felsen zum Gefängnis erklimmen. Der junge Mann seilte sich ab und flüchtete über die Felsformationen nach Böhmen.
Variante zwei benannte dagegen einen Uhu als Schuldigen, der hier im Fels nistete. Das altdeutsche Wort für Uhu lautet Auf und die Bezeichnung Aufensteine verkamen im Volksmund im Laufe der Jahre zu Affensteine. Sucht euch eine Variante aus. Wir finden beide sehr erheiternd.